Laub und Bäume
Der Herbst bringt schöne Farben - aber manchmal auch Ärger. Hier ein paar wichtige Urteile für den Herbst. Unser Tipp: Sucht zunächst immer das Gespräch mit den Nachbarn. Meist kann man sich gütlich einigen. Ein Rechtsstreit sollte nur das letzte Mittel der Wahl sein. Trotzdem ist es hilfreich, die Rechtslage zu kennen.
§ Walnussbäume sind wünschenswert.
Parkt ein Autofahrer seinen Pkw im Herbst - wenn auch auf seinem eigenen Grundstück - unter einem Walnussbaum, der mit gut einem Meter auf seinen Grund herüberragt, so muss er damit rechnen, dass der Baum reife Walnüsse abwirft und seinen Wagen gegebenenfalls beschädigen könnte. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hält dies für "naturgegeben". Und da der Baum nicht krank gewesen sei, könne der Nachbar auch keine Schadenersatzansprüche gegen ihn geltend machen.
Aus der Urteilsbegründung: Grundsätzlich sei es auch im Interesse der Allgemeinheit wünschenswert, dass in Städten Nussbäume vorhanden sind. (AmG Frankfurt am Main, 32 C 365/17 - 72)
§ Laubbläser und Autounfall
Grundsätzlich haben Mitarbeiter der Stadt, die mit einem Laubbläser unterwegs sind, Sicherungsmaßnahmen zu treffen - beispielsweise durch das Aufstellen von Warntafeln.
Der Fall: Ein städtischer Mitarbeiter reinigte einen Gehweg von Herbstlaub, indem er das Blattwerk vor eine schräg hinter ihm fahrende Kehrmaschine blies. Eine vorbeikommende Autofahrerin erschrak wegen der plötzlichen "Laubwolke" auf ihrer Windschutzscheibe, verriss das Lenkrad und prallte auf einen geparkten Wagen.
Das Urteil: Zwar habe die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht im Rahmen der durchgeführten Reinigungsarbeiten verletzt, weil die Arbeiter Vorkehrungen hätte treffen müssen (zum Beispiel war hier der Abstand zwischen dem Laubbläser und der nachfolgenden Kehrmaschine zu groß gewesen). Dennoch konnte die Frau hier keine Schadenersatzforderung durchsetzen. Denn sie hatte nicht bewiesen, dass allein das von dem Gerät aufgewirbelte Laub zum Autounfall geführt habe. (LG Nürnberg-Fürth, 4 O 6465/15)
§ Laub ist "zumutbare Störung"
Beklagt sich eine alleinstehende Grundstückseigentümerin über den starken Laubfall im Herbst, der aus zahlreichen Bäumen und Sträuchern auf dem öffentlichen Nachbargrundstück kommt, so kann sie dennoch der betreffenden Kommune nicht die Kosten für die jährliche Entsorgung von etwa 60 bis 70 Säcken Laub auferlegen, wenn es sich um "ausgewachsene" Bäume handelt, die Bestandsschutz haben.
Das Urteil: Ein Walsroder Amtsrichter entschied, dass die alte Dame, die nur über einen Arm verfügt und deshalb die Arbeiten nicht selbst übernehmen kann, sich anderweit behelfen müsse. Der Laubfall sei auf eine "ortsübliche Nutzung des Grundstücks" zurückzuführen. Als sie mit ihrem Mann vor Jahren, um den Baumbestand wissend, dieses Haus gekauft habe, hätte sie vorausschauend wissen müssen, was im Laufe der Jahre auf sie zukommen würde. Deshalb könne sie nicht von einer unzumutbaren "Störung" ausgehen. (AmG Walsrode, 7 C 442/14)
§ Ohne Ausnahmen: Räumpflicht muss sein!
Hat eine Kommune die Anwohner bestimmter Straßen dazu verpflichtet, "bis zur Straßenmitte" die Reinigung (vor allem im Herbst und im Winter) vorzunehmen, so gilt das unabhängig vom Alter der Anlieger.
Das Urteil: Hier wurde zu Lasten einer 95jährigen Hauseigentümerin entschieden, die sich nicht mehr in der Lage sah, diese Aufgaben zu erledigen. Vor Gericht wurde ihr das durchaus abgenommen - nicht jedoch die Verpflichtung zur Säuberung. Sie müsse die Reinigung ja nicht selbst vornehmen, sondern könne "Dritte damit beauftragen"... (VwG Berlin, 1 L 299/14)
§ Laubrente I
Der Fall: Zweige ragen von Bäumen eines Hausbesitzers auf das Grundstück des Nachbarn und verschmutzen durch Laub-, Blüten-, Zapfen- oder Nadelfall Grund, Dach und Dachrinne sowie Gartenteich so stark, dass das "nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis gestört" wird.
Das Urteil: Dann muss - wenn die Bäume nach Landesrecht nicht mehr zurückgeschnitten werden müssen - gegebenenfalls eine Entschädigung, zum Beispiel für erhöhten Reinigungsaufwand, die so genannte "Laubrente" gezahlt werden. (Hier hätte der "gestörte" Nachbar spätestens innerhalb von 5 Jahren "nach dem Hinauswachsen der Bäume über die gesetzlich zulässige Höhe hinaus" den jährlichen Zuwachs und die daraus gegebenenfalls folgenden Beeinträchtigungen seines Grundstücks beobachten sollen. In dieser Zeit hätte er sich dafür entscheiden können, den Nachbarn zu verpflichten, die Bäume zurück zu schneiden - anschließend nicht mehr. (BGH, V ZR 102/03)
§ Laubrente II
Zwar kann ein Grundstücksbesitzer von seinem Nachbarn eine Ausgleichszahlung verlangen, wenn von dessen Grundstück "störende Einwirkungen" ausgehen, die unzumutbar für ihn sind.
Das Urteil: Auch ein übermäßiger Laubfall durch einen großen Baum, der auf Nachbars Grund und Boden steht, könne dazu zählen. Allerdings kommt es auch immer darauf an, so das Amtsgericht München, wie die örtlichen Gegebenheiten seien. Befinden sich die Hausgrundstücke in einer „durchgrünten“ Siedlung, in der große Bäume das Gesamtbild prägen, so muss ein erhöhtes Laub-, Blüten, Samen- und Ästeaufkommen das ganze Jahr über geduldet werden. (Im konkreten Fall wurden dem „zugelaubten“ Nachbarn die von ihm geforderten 500 € jährlich nicht gesprochen, die er dafür verlangte, „3- bis 4-mal im Jahr die Regenrinnen reinigen“ sowie „10 bis 15 Tonnen a 80 Liter Laub entsorgen“ zu müssen. (AmG München, 114 C 31118/12)
Quelle: Wolfgang Büser und Maik Heitmann